Klassenarbeiten – Kooperation statt Isolation?!

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Dr. Michael Glaubitz

mathematik-unterrichten.de

Wenig Zeit? Dann gibt es hier einen Audio-Podcast zu diesem Thema. Und hier der vollständige Bericht.
Mathe-Klassenarbeit mal anders: Kooperation statt Isolation!

Wie Prüfungen sich dem Unterricht anpassen könnten

Hand aufs Herz, liebe Mathelehrerinnen und Mathelehrer: Wie oft haben Sie schon gedacht, dass die klassische Klassenarbeit irgendwie nicht so ganz zu Ihrem modernen, auf Teamarbeit ausgelegten Unterricht passt? Da lassen wir unsere Neuntklässler wochenlang in Gruppen tüfteln, diskutieren und voneinander lernen – und dann, zack, in der Prüfung muss jeder wieder für sich allein ran. Fühlt sich ein bisschen an wie ein Stilbruch, oder?

Genau hier setzt ein spannendes Konzept an: das zweistufige Prüfungsformat. Klingt erstmal kompliziert, ist aber eigentlich ganz clever und vor allem: total schülerfreundlich!

Die Idee: Erst Teamwork, dann Einzel-Challenge!

Stellen Sie sich vor: Die Klassenarbeit startet, aber anstatt dass sofort Stille einkehrt und die Köpfe über den Blättern rauchen, passiert erstmal was ganz anderes. Die Schülerinnen und Schüler (nennen wir sie mal liebevoll SuS) bekommen die kompletten Aufgaben und setzen sich in ihren gewohnten Kleingruppen zusammen. Ja, Sie haben richtig gehört!

Phase 1 – Die Kooperations-Runde: Hier wird diskutiert, was das Zeug hält. Lösungswege werden gemeinsam gesucht, Unklarheiten beseitigt und Strategien entwickelt. Der Clou: Keine eigenen Notizen! Es geht ums Verstehen, nicht ums Abschreiben. Als Lehrkraft halten Sie sich dezent im Hintergrund, beobachten und greifen nur im absoluten Notfall ein.

Nach dieser intensiven Denk-Session (so etwa 25-30 Minuten) geht’s dann in die zweite Runde:

Phase 2 – Die Einzelkämpfer-Etappe: Jetzt bekommt jeder SuS die Aufgaben nochmal frisch vorgelegt und bearbeitet sie ganz klassisch für sich allein. Und genau diese individuelle Leistung wird am Ende bewertet.

Warum das Ganze? Ganz einfach: Es passt viel besser zu dem, was wir im Unterricht eh schon machen – nämlich kooperatives Lernen! Weg mit dem Bruch zwischen Lernkultur und Prüfungskultur. Wir wollen doch, dass die positiven Effekte der Gruppenarbeit auch in der Prüfungssituation zum Tragen kommen und nicht als Schummelversuch gelten, oder?

Dieser Ansatz ist übrigens nicht einfach nur eine nette Idee, sondern hat auch ein starkes theoretisches Fundament. Wenn Sie tiefer einsteigen wollen, wie Konstruktivismus, soziale Lerntheorien und Wygotskis Zone der proximalen Entwicklung hier mit reinspielen, dann schnappen Sie sich unseren ausführlichen Artikel dazu!

Was ist der Unterschied zur “normalen” Klassenarbeit?

Man könnte meinen, der Unterschied sei nicht so riesig. Aber schauen Sie mal genauer hin:

Kriterium Traditionelle Mathe-Klassenarbeit Zweistufiges Format (mit Gruppenphase vornweg)
Vorbereitung auf die Prüfung Meist allein oder in Lerngruppen außerhalb der Prüfung Gemeinsame, intensive Diskussion ALLER Aufgaben direkt vor der Einzelarbeit, was zu einem besseren Verständnis und zur Klärung aller offenen Fragen führen soll und somit optimal vorbereitet.
Soziale Interaktion in der Prüfung Gilt als Täuschung; isolierte Einzelarbeit Zentral und legitimiert in Phase 1 für gemeinsames Verstehen und kollektive Problemlösung.
Umgang mit Aufgabenverständnis Jeder ist auf sich allein gestellt und muss Aufgabenstellungen selbstständig interpretieren. Unklarheiten können in der Gruppe geklärt werden, verschiedene Interpretationen werden diskutiert.
Feedback während der Prüfung Fehlanzeige, erst nach der Korrektur. Implizites Peer-Feedback in Phase 1 durch Diskussion und Abgleich von Lösungsansätzen.
Potenzial zur Reduktion von Prüfungsangst Oft hoch (Alleinsein, Zeitdruck, Angst vor dem Unbekannten) Potenziell geringer durch soziale Unterstützung, bessere Vorbereitung und das Gefühl, nicht allein zu sein.
Abbildung von Kollaborationskompetenzen Gar nicht, wird oft sogar als Störung empfunden. Wird genutzt und gefördert (auch wenn nicht direkt bewertet), was eine wichtige Fähigkeit darstellt.
Fokus der Bewertung Nur individuelle Reproduktion von Wissen und Anwendung von Verfahren. Nur individuelle Leistung in Phase 2, aber oft auf höherem Niveau durch tieferes Verständnis.

Warum das Ganze theoretisch Hand und Fuß hat (Kurzfassung)

Okay, jetzt mal ganz locker und ohne zu tief in die wissenschaftlichen Details abzutauchen – aber ein bisschen Hintergrund muss sein, damit Sie sehen, dass das nicht einfach aus der Luft gegriffen ist.

Konstruktivismus: Wissen selbst bauen!

Stellen Sie sich vor, Wissen ist wie ein Lego-Haus. Das baut jeder für sich selbst, Stein auf Stein. Und genau das passiert in der Gruppenphase: Die SuS bauen gemeinsam an ihrem Verständnis, diskutieren Baupläne (Lösungswege) und helfen sich gegenseitig, wenn mal ein Stein klemmt. Das ist viel cooler, als wenn jeder nur versucht, ein fertiges Lego-Modell aus dem Gedächtnis nachzubauen, oder?

Soziale Lerntheorie (Hallo, Albert Bandura!): Lernen durch Abgucken (im positiven Sinne!)

Wir lernen ständig voneinander, indem wir andere beobachten. In der Gruppe sehen die SuS, wie ihre Mitschüler an Probleme herangehen. Das ist wie beim Sport: Man schaut sich Tricks von den Profis ab. Und wenn man sieht, dass andere es schaffen, dann traut man es sich selbst auch eher zu – das nennt man Selbstwirksamkeit, und die ist Gold wert!

Zone der proximalen Entwicklung (Danke, Lew Wygotski!): Gemeinsam über sich hinauswachsen

Jeder von uns hat so einen Bereich, wo er mit ein bisschen Hilfe viel mehr schaffen kann, als allein. Das ist die “Zone der proximalen Entwicklung”. In der Gruppe helfen sich die SuS gegenseitig, genau in diese Zone vorzustoßen. Sie geben sich Tipps, erklären und stützen sich – wie ein Baugerüst, das später wieder abgebaut wird, wenn das Haus (also das Verständnis) steht.

Und ganz nebenbei werden natürlich auch noch superwichtige Skills wie Kommunikation und Teamfähigkeit trainiert – Kompetenzen, die im 21. Jahrhundert einfach unerlässlich sind!

Sie merken schon, dieser Ansatz hat was! Es geht darum, das Lernen und Prüfen enger zusammenzubringen und eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich die SuS unterstützt fühlen und ihr volles Potenzial entfalten können.

Neugierig geworden? Wollen Sie noch mehr Details, Praxisbeispiele und eine tiefere Analyse der Chancen und Risiken?

Holen Sie sich den vollständigen Artikel! Hören Sie sich unseren Podcast dazu an!

Wir sind gespannt auf Ihre Meinungen und Erfahrungen! Probieren Sie es vielleicht einfach mal aus und erzählen Sie uns, wie es gelaufen ist. Denn guter Unterricht lebt vom Ausprobieren und voneinander Lernen – genau wie unsere Schülerinnen und Schüler!

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